Verzugszinsen sind kein „Nice-to-have“, sondern ein wirksamer Hebel, um Zahlungen zu beschleunigen und Nachteile auszugleichen, wenn Rechnungen oder Rückerstattungen verspätet eingehen. Für Verbraucher:innen in Deutschland ist dabei wichtig: Fristen richtig setzen, den Verzug rechtssicher auslösen und die Zinsen korrekt berechnen – inklusive Besonderheiten, wenn der Basiszinssatz zum Halbjahr wechselt. Dieser ausführliche Ratgeber führt Sie Schritt für Schritt durch die Praxis: von der ersten Mahnung über die Fristberechnung bis zur Zinsformel mit konkreten Beispielen für 2025.
Verzugszinsen einfach erklärt – was steckt dahinter?
Verzugszinsen fallen an, sobald eine Geldschuld fällig ist und der oder die Schuldner:in in Verzug gerät. Der Gesetzgeber will damit zwei Dinge erreichen: zum einen einen Ausgleich für die verspätete Zahlung, zum anderen einen Anreiz, künftig pünktlich zu leisten. Für Alltagssituationen heißt das: Wenn ein Anbieter zu spät erstattet, ein Vertragspartner eine Rechnung überzieht oder ein Depot die Auszahlungsfrist reißt, können Verzugszinsen Ihren Schaden mindern – vorausgesetzt, Sie haben den Verzug im Blick und dokumentieren sauber.
Rechtsgrundlage sind die Regeln zum Verzug und zu Verzugszinsen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Wichtig für die Praxis: Der Verzugszinssatz ist nicht frei verhandelbar, sondern knüpft an den gesetzlichen Basiszinssatz an, der jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli angepasst wird. Daraus ergeben sich fixe Aufschläge – je nachdem, ob Verbraucher:innen beteiligt sind oder ob es sich um reinen Geschäftsverkehr handelt. Dass Sie die korrekte Höhe kennen, zahlt sich unmittelbar aus, denn falsch berechnete Zinsen schwächen Ihre Position in Verhandlungen und im Mahnprozess.
Basiszinssatz 2025: Warum er Ihre Zinsrechnung bestimmt
Seit dem 1. Juli 2025 beträgt der gesetzliche Basiszinssatz 1,27 % p. a. – zuvor lag er im ersten Halbjahr 2025 bei 2,27 %. Dieser Wert ist die Grundlage für die Berechnung der Verzugszinsen. Für Verträge mit Verbraucher:innen gilt ein Aufschlag von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Im reinen Geschäftsverkehr (ohne Beteiligung von Verbraucher:innen) beträgt der Aufschlag neun Prozentpunkte. Entscheidend ist also die Konstellation: Privat gegen Unternehmen, privat gegen privat, oder Unternehmen gegen Unternehmen.
Für Ihre Praxis bedeutet das: Mit Basiszinssatz 1,27 % (seit 01.07.2025) ergeben sich 6,27 % p. a. Verzugszinsen in Fällen mit Verbraucher:innen und 10,27 % p. a. im reinen B2B‑Bereich. Für Verzugszeiträume im ersten Halbjahr 2025 (Basis 2,27 %) kalkulieren Sie entsprechend 7,27 % bzw. 11,27 %. Läuft ein Verzug über den Stichtag 1. Juli, teilen Sie die Zinsrechnung in zwei Abschnitte: bis 30. Juni mit dem alten, ab 1. Juli mit dem neuen Satz. So stimmen Ihre Centbeträge und Sie vermeiden spätere Korrekturen.
Wann beginnt der Verzug – und wann brauchen Sie eine Mahnung?
Verzug setzt grundsätzlich mit Fälligkeit der Forderung ein, sobald nach Fälligkeit gemahnt wurde. Eine Mahnung ist die einfachste und in der Praxis sicherste Variante: Sie erinnern an die fällige Zahlung, setzen eine kurze, klare Frist und kündigen Verzugsfolgen an. Damit schaffen Sie einen eindeutigen Startzeitpunkt für Zinsen und, falls nötig, weitere Schritte.
Es gibt aber Fälle, in denen Verzug ohne Mahnung eintritt. Das gilt insbesondere dann, wenn die Fälligkeit kalendermäßig bestimmt ist (z. B. „zahlbar bis 15. des Monats“) oder eine besondere vertragliche oder gesetzliche Regel greift. Zudem tritt Verzug spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung ein. Achtung bei Verbraucher:innen als Schuldner: Hier gilt die 30‑Tage‑Regel nur, wenn in der Rechnung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Fehlt der Hinweis, sollten Sie mit einer Mahnung arbeiten, um auf Nummer sicher zu gehen.
Mahnung & Fristsetzung: kurz, freundlich – aber rechtssicher
Eine gute Mahnung ist klar und knapp. Sie benennt Rechnung/Anspruch, nennt das Fälligkeitsdatum, setzt eine angemessene Nachfrist und kündigt Verzugszinsen an. In aller Regel genügen 7 bis 10 Kalendertage – wichtig ist, dass die Frist nicht zu kurz bemessen wird und realistisch eingehalten werden kann (Postlaufzeiten bedenken, wenn Sie postalisch mahnen). Schreiben Sie in die Betreffzeile „Zahlungserinnerung / Mahnung“ und führen Sie die Konsequenzen ohne Drohkulisse auf: Verzugszinsen, ggf. nächste Stufe.
Zur Zustellung: Digital ist meist schneller und kostenlos (E‑Mail, Kundenportal, Kündigungs‑/Service‑Button). Für streitige Fälle bleibt der Brief per Einwurf‑Einschreiben ein robuster Zugangsnachweis. Kombinieren Sie beide Wege, wenn es um größere Beträge geht: heute E‑Mail, parallel morgen Einwurf‑Einschreiben – jeweils mit identischem Inhalt. Bewahren Sie Sende‑ und Eingangsbelege als PDF auf. So dokumentieren Sie Fristen und Verzug lückenlos.
Fristen richtig berechnen – mit Wochenenden und Feiertagen
Fristen beginnen grundsätzlich am Tag nach dem auslösenden Ereignis. Geht Ihre Mahnung zum Beispiel am 3. September zu, läuft eine 10‑Tage‑Frist ab dem 4. September. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Frist erst am nächsten Werktag. So vermeiden Sie „Formfehler“, die Ihre Forderung verzögern würden. Für bundeslandspezifische Feiertage kann das Fristende lokal variieren – ein Grund mehr, Fristen nicht „auf Kante“ zu setzen.
In der Praxis hat es sich bewährt, Fristen mit Kalender‑Reminder zu flankieren: eine Erinnerung am Starttag der Frist, eine weitere zwei Tage vor Fristende. Das reduziert Versehensfehler und beschleunigt Ihr Nachfassen. Geben Sie Fristen möglichst als Datum an („bitte zahlen Sie bis zum 18.09.2025“), nicht nur relativ („innerhalb von 10 Tagen“). Konkrete Daten senken die Rückfragenquote und erleichtern die spätere Zinsberechnung, weil Anfang und Ende eindeutig feststehen.
Verzugszinsen berechnen – die Formel für den Alltag
Die Zinsrechnung ist unkompliziert, wenn Sie Schritt für Schritt vorgehen. Grundlage ist der jährliche Verzugszinssatz (Basiszinssatz + 5 oder + 9 Prozentpunkte). Für den tatsächlichen Zinslauf multiplizieren Sie mit der Anzahl der Zinstage und teilen durch 365 (in Schaltjahren 366). Die Faustformel lautet:
Zinsen = Forderung × Verzugszinssatz (p. a.) × Zinstage / 365
Achten Sie auf Stichtage des Basiszinssatzes. Wechselt der Satz während Ihres Verzugs, splitten Sie die Rechnung. Runden Sie am Ende auf zwei Nachkommastellen – Setzungen und Rundungsvorgaben sind in der Praxis an Rechnungs‑ und Buchungssysteme angelehnt. Tipp: Dokumentieren Sie im Mahnschreiben, wie Sie gerechnet haben (Zeiträume, Zinssatz, Betrag). Das verhindert Missverständnisse und signalisiert Professionalität.
Zinsbeispiele 2025 – so rechnen Sie korrekt
Nehmen wir einen typischen Verbraucherfall: Eine Erstattung von 600 € trifft 60 Tage zu spät ein. Der Verzugszeitraum liegt vollständig nach dem 1. Juli 2025. Der Verzugszinssatz beträgt 6,27 % p. a. (Basis 1,27 % + 5 Prozentpunkte). Die Rechnung: 600 € × 0,0627 × 60/365 = 6,18 € Verzugszinsen. Ergebnis: Sie fordern die 600 € plus 6,18 € Zinsen.
Zweites Beispiel, B2B‑Konstellation (z. B. Selbstständige:r gegenüber Unternehmen), ebenfalls 600 € und 60 Tage Verzug nach dem 1. Juli: Verzugszinssatz 10,27 % p. a. (Basis 1,27 % + 9 Punkte). Rechnung: 600 € × 0,1027 × 60/365 = 10,13 € Verzugszinsen. Dokumentieren Sie die Parameter im Schreiben – so ist nachvollziehbar, warum der Zins höher ist.
Drittes Beispiel über den Stichtag: Eine Rückzahlung über 1.200 € ist vom 1. April 2025 bis 10. August 2025 überfällig. Sie rechnen zwei Abschnitte: 1. April bis 30. Juni (91 Tage) mit 7,27 % p. a., 1. Juli bis 10. August (40 Tage) mit 6,27 % p. a. Ergebnis: rund 30,00 € Verzugszinsen. Diese Splittung ist wichtig, damit die Summe später nicht beanstandet wird – insbesondere bei größeren Beträgen.
Wo Verzugszinsen in Verbraucherfällen besonders häufig sind
Im Alltag betreffen Verzugszinsen vor allem zwei Szenarien: verspätete Rückzahlungen (z. B. aus Gutschriften, Rückabwicklungen, fehlerhaften Lastschriften, abgebrochenen Verträgen) und überzogene Zahlungsziele bei Dienstleistern. Typisch ist etwa die Erstattung nach Vertragskündigung (Telekommunikation, Energie, Fitnessstudio), die nicht fristgerecht kommt. Hier lohnt das strukturierte Vorgehen: Frist setzen, Verzug sauber auslösen, Zinsen und ggf. weitere Schäden (z. B. Rücklastschriftgebühren) beziffern.
Ein zweites Feld sind Kautionen und Sicherheitsleistungen. Zieht sich die Rückzahlung ohne nachvollziehbaren Grund, können Verzugszinsen Ihre Geduld in Geld umwandeln. Auch bei Online‑Käufen, bei denen die Rückerstattung für retournierte Ware verspätet erfolgt, lohnt sich ein kurzer Verweis auf Verzug und Zinsen – meist beschleunigt das die Bearbeitung spürbar.
Telekommunikation & Energie: Rückerstattung und Verzögerungskosten
In regulierten Branchen wie Telekommunikation und Energie sind Fristen und Informationspflichten klarer gefasst, als viele denken. Kündigen Anbieter Verträge oder ändern Preise, entstehen häufig Sonderkündigungsrechte. Kommt es danach bei Abrechnungen oder Guthabenerstattungen zu Verzögerungen, können Verzugszinsen zusätzlich geltend gemacht werden. Das gilt besonders dann, wenn der Erstattungszeitpunkt vertraglich oder gesetzlich eindeutig ist und die Zahlung trotzdem ausbleibt.
Beispiel: Sie kündigen wegen Preiserhöhung fristgerecht zum Wirksamkeitsdatum und haben ein Guthaben aus Vorauszahlungen. Geht die Schlussrechnung erst Wochen später ein und wird nicht umgehend erstattet, setzen Sie nach Fälligkeit eine klare Nachfrist (z. B. 7 Tage) und kündigen Verzugszinsen an. Bleibt die Zahlung aus, rechnen Sie tagesgenau ab und fügen die Zinskalkulation Ihrer zweiten Mahnung bei. Erfahrungsgemäß sinkt die Reibung, wenn Zahlen und Fristen offen auf dem Tisch liegen.
Fristen sauber dokumentieren – so vermeiden Sie Streit
Eine Frist ist nur so gut wie ihr Nachweis. Speichern Sie E‑Mails als PDF, sichern Sie Portal‑Bestätigungen (Kündigungs‑/Service‑Button) und nutzen Sie bei Bedarf Einwurf‑Einschreiben. In Betragsfällen mit Konfliktpotenzial fahren Sie mit der Kombination aus digitalem Eingangsnachweis und postalischem Zugangskosten‑Beleg am besten. Notieren Sie außerdem Ansprechpartner:in, Datum und Uhrzeit telefonischer Auskünfte. Diese Disziplin kostet Minuten, spart im Zweifel aber Wochen.
Denken Sie daran, dass die Frist erst am Tag nach Zugang zu laufen beginnt. Formulieren Sie in der Mahnung deshalb am besten ein konkretes Datum („… bis zum 18.09.2025“) und nicht nur „innerhalb von 10 Tagen“. Fällt das Datum auf ein Wochenende/Feiertag, ist der nächste Werktag maßgeblich. So bleiben Sie rechtlich auf der sicheren Seite und vermeiden Diskussionen über „zu kurze Fristen“.
40‑Euro‑Verzugspauschale: Gilt das auch für Verbraucher:innen?
Oft wird im Netz von einer pauschalen „40‑Euro‑Mahnpauschale“ gesprochen. Tatsächlich ist diese Pauschale gesetzlich im Geschäftsverkehr vorgesehen – also typischerweise zwischen Unternehmen – und setzt voraus, dass es um eine Entgeltforderung geht und der Schuldner kein Verbraucher ist. In klassischen Verbraucherfällen (Sie als Privatperson gegenüber einem Unternehmen) spielt diese Pauschale in der Praxis in der Regel keine Rolle. Für Ihre Alltagssituationen genügen Verzugszinsen und der konkrete Nachweis weiterer Schäden (z. B. Bankgebühren).
Wichtig: Für Lohn‑/Gehaltsansprüche der Arbeitnehmer:innen gegen Arbeitgeber ist die 40‑Euro‑Pauschale nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht anwendbar. Wer Gehaltsverzug durchsetzen will, stützt sich daher auf Verzugszinsen und individuelle Schadenspositionen. Für Verbraucher‑Rückzahlungen gegenüber Unternehmen bleiben wiederum Verzugszinsen das Mittel der Wahl – schnell, transparent und gut belegbar.
Weitere Verzugskosten: Was ist zulässig, was nicht?
Auf der Gegenseite – wenn Sie selbst einmal in Zahlungsverzug geraten – tauchen häufig Mahngebühren und Anwaltskosten auf. Zulässig sind angemessene, nachweisbare Kosten, die durch den Verzug tatsächlich entstanden sind. Überzogene Pauschalen ohne Grundlage müssen Sie nicht akzeptieren. Seriöse Unternehmen orientieren sich an realen Porto‑/Systemkosten; bei Beauftragung externer Stellen können zusätzlich notwendige, angemessene Gebühren anfallen. Im Zweifel lohnt ein kurzer Faktencheck und die Bitte um Aufschlüsselung.
Für Ihre eigene Forderungsdurchsetzung empfiehlt sich die umgekehrte Perspektive: Halten Sie Ihre Kosten transparent (z. B. Porto, Einschreiben) und setzen Sie nur das an, was Sie im Streitfall belegen können. Eine sachliche, fair bepreiste Mahnkommunikation wirkt stärker als eine Drohkulisse – und führt oft schneller zum Ziel.
Gute Fristen – bessere Ergebnisse: So setzen Sie realistische Zeiten
Wie lang sollte eine Nachfrist sein? Das hängt von der Art der Leistung ab. Für reine Zahlungen genügen häufig 7 bis 10 Tage. Geht es um komplexere Leistungen (z. B. Abrechnungskorrekturen), sind 10 bis 14 Tage fair. Stellen Sie sicher, dass Ihre Frist nicht mitten in ein langes Wochenende oder auf einen bundeseinheitlichen Feiertag fällt. Wer realistische Fristen setzt, erhöht die freiwillige Zahlungsbereitschaft – und braucht seltener weitere Schritte.
Wichtig ist auch die Reihenfolge: Erst Fälligkeit, dann Mahnung, dann Verzugszinsen. Bei kalendermäßig bestimmten Fälligkeitsterminen kann die Mahnung entfallen – sinnvoll bleibt sie trotzdem, weil sie Transparenz schafft. In Ihren Schreiben sollten Sie immer benennen, ab welchem Datum Sie Zinsen berechnen. Das macht Ihre Forderung gerichtsfest und verkürzt die Diskussion über „ab wann“.
Mustertext: Fristsetzung mit Verzugszinsen (zum Anpassen)
Betreff: „Zahlungserinnerung / Mahnung – Rechnung [Nummer], fällig am [Datum]“.
„Sehr geehrte Damen und Herren, die oben genannte Forderung ist seit dem [Datum] fällig. Bitte überweisen Sie den Betrag in Höhe von [Betrag] bis spätestens [konkretes Datum] auf das Ihnen bekannte Konto. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist geraten Sie in Verzug. Ab diesem Zeitpunkt berechne ich Verzugszinsen in Höhe von [6,27 % p. a.]* beziehungsweise – im Geschäftsverkehr – [10,27 % p. a.]*, jeweils tagesgenau. *Stand: Basiszinssatz 1,27 % seit 01.07.2025. Ich bitte um kurze Bestätigung. Mit freundlichen Grüßen …“
Passen Sie den Text an Ihre Situation an. Entscheidend sind die klaren Daten (Fälligkeit, Fristende) und die nachvollziehbare Zinsangabe mit aktuellem Stand des Basiszinssatzes. So wirken Ihre Schreiben professionell und vermeiden Rückfragen.
Fristfallen vermeiden: so rechnen Sie richtig
Die größte Fehlerquelle ist ein unklarer Fristbeginn. Merksatz: Die Frist beginnt am Tag nach Zugang Ihrer Mahnung. Nutzen Sie konkrete Daten statt Relativangaben. Prüfen Sie vor Versand, ob der letzte Tag ein Wochenende/Feiertag ist; wenn ja, rücken Sie das Datum gleich auf den nächstfolgenden Werktag. Verwechseln Sie nicht Fälligkeit und Fristbeginn – beides sind unterschiedliche Punkte in der Zeitachse.
Zweite Fehlerquelle ist der Umgang mit wechselnden Zinssätzen. Wechselt der Basiszinssatz (regelmäßig zum 1. Januar und 1. Juli), splitten Sie die Zinsperioden konsequent. Notieren Sie die jeweiligen Tage und Sätze in Ihrer Berechnung. So verhindern Sie, dass ein Gegenüber vermeintliche „Fehler“ moniert und Zeit gewinnt.
Mini‑Rechner im Kopf: schnelle Schätzung für unterwegs
Für eine Daumenregel reicht ein kurzer Blick: Tageszins = Forderung × (Jahreszinssatz/365). Für 6,27 % p. a. ergibt das pro 1.000 € etwa 0,17 € pro Tag. Für 10,27 % p. a. sind es rund 0,28 € pro 1.000 € und Tag. Multiplizieren Sie mit der Anzahl der Verzugstage – fertig ist die Grobschätzung. Für die endgültige Forderung rechnen Sie natürlich tagesgenau und runden auf Cent.
Noch ein Praxis‑Tipp: Viele Unternehmen reagieren sofort, wenn Sie den täglichen Zins nennen („jeder weitere Tag verursacht 0,17 €“). Das schafft einen unmittelbaren Anreiz zur Zahlung – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.
Checkliste: Ihr 7‑Schritte‑Plan für Verzugszinsen & Fristen
- Fälligkeit prüfen und dokumentieren (Rechnung/Vertrag, Datum des Zugangs) – bei Verbraucher:innen die 30‑Tage‑Regel nur mit Hinweis anwenden
- Mahnung mit klarer Frist senden (7–10 Tage für reine Zahlungen), ideal digital + Einwurf‑Einschreiben für strittige Fälle
- Fristbeginn (Tag nach Zugang) und Fristende (Wochenenden/Feiertage = nächster Werktag) korrekt berechnen
- Verzugszinssatz bestimmen (mit/ohne Verbraucher:innen beteiligt) und Basiszinssatz‑Stichtage beachten
- Zinsen tagesgenau berechnen, ggf. Zeitraum splitten (vor/nach 01.07.2025) und Berechnung offenlegen
- Zahlungseingang überwachen, bei Ausbleiben zweite Stufe (z. B. letzte Mahnung) mit aktualisiertem Zinsbetrag
- Nach Begleichung Abschlussbestätigung und Belege archivieren (PDFs, Zustellnachweise) – spart Aufwand bei Rückfragen
Schnellformeln & Kenngrößen 2025 – auf einen Blick
- Basiszinssatz: 1,27 % p. a. (seit 01.07.2025) – zuvor 2,27 % (01.01.–30.06.2025); Anpassung regulär zum 01.01. und 01.07.
- Verzugszinssatz bei Beteiligung von Verbraucher:innen: Basis + 5 %‑Punkte ⇒ 6,27 % p. a. (ab 01.07.2025)
- Verzugszinssatz im reinen Geschäftsverkehr (ohne Verbraucher:innen): Basis + 9 %‑Punkte ⇒ 10,27 % p. a. (ab 01.07.2025)
Branchen‑Spezial: So holen Sie Ihr Geld schneller zurück
Online‑Kauf & Retouren: Viele Händler erstatten zügig – doch bei Peak‑Zeiten kann es stocken. Setzen Sie nach Fälligkeit eine kurze Frist (z. B. 7 Tage), verweisen Sie auf Verzugszinsen und bieten Sie eine einfache Zahlungsoption (IBAN, Auftrag/Bestellnummer im Betreff). Eine sachliche Mail mit konkreter Zinsangabe wirkt mehr als ein generischer „Reminder“.
Fitnessstudio & Mitgliedschaften: Bei vertragsgemäßer Kündigung ist eine zu viel eingezogene Rate häufig schnell klärbar. Wird die Rückbuchung hinausgezögert, greifen die gleichen Grundsätze: Frist, Verzug, Zins. Viele Studios reagieren bereits auf die zweite Mahnung mit sauberer Aufstellung.
Telekommunikation/Energie: Durch Sonderkündigungsrechte bei Vertragsänderungen kommt es oft zu Guthaben. Hier lohnt der Blick auf Fristen in der Schlussrechnung. Verzögerungen lassen sich mit Verzug und Zinsen gut adressieren – bleiben Sie bei der Sache, vermeiden Sie Schuldzuweisungen und rechnen Sie neutral vor.
Was tun, wenn Sie selbst in Verzug geraten?
Es kann jeden treffen: eine Lastschrift platzt, eine Rechnung geht unter. Wichtig ist, proaktiv zu handeln: Kontakt aufnehmen, Zahlungstermin nennen und – wenn nötig – in kleinen, realistischen Schritten abbezahlen. Viele Gläubiger sind entgegenkommend, wenn sie einen ernsthaften Plan sehen. So vermeiden Sie zusätzliche Kosten (Mahn‑/Inkassogebühren) und halten die Zinslast klein.
Prüfen Sie außerdem, ob Sie Anspruch auf Stundung oder Ratenzahlung haben (z. B. bei Energieversorgern in besonderen Situationen). Transparenz schlägt Funkstille – und spart bares Geld, weil Eskalationsstufen gar nicht erst ausgelöst werden.
Dokumentation & Belege: Ihre Versicherung im Streitfall
Heben Sie alles auf, was Fristen und Verzug belegt: Rechnungen mit Zugang, Mahnungen, Sendeprotokolle, Zustellnachweise, Zinskalkulationen. Eine saubere Akte beschleunigt die Einigung und verhindert böse Überraschungen – etwa, wenn der oder die Schuldner:in behauptet, nie etwas erhalten zu haben. Digital reicht völlig: PDFs bündeln, sinnvolle Dateinamen vergeben, fertig.
Für die Zinsberechnung lohnt ein kleines Schema, das Sie in jedes Schreiben kopieren können: „Zinsen von [Datum] bis [Datum], [x] Tage, [y] % p. a. ⇒ [Betrag] €“. So ist auf einen Blick klar, wie die Summe zustande kommt. Bei Periodenwechseln ergänzen Sie schlicht einen zweiten Block.
Verhandeln statt streiten: Warum Ton und Timing zählen
Auch wenn Sie rechtlich klar im Vorteil sind – ein sachlicher Ton und schnelle, lösungsorientierte Kommunikation führen oft zur besseren und schnelleren Zahlung. Senden Sie die erste Erinnerung freundlich und präzise. Steigern Sie die Verbindlichkeit schrittweise und kündigen Sie die nächste Stufe an (z. B. „Nachfrist und Verzugszinsen ab …“). Wer ankündigt und wie angekündigt handelt, wird ernst genommen – und bekommt sein Geld schneller.
Setzen Sie zugleich Anreize: Akzeptieren Sie z. B. sofortige Teilzahlung mit fixem Resttermin, wenn das den Prozess beschleunigt. Verzugszinsen laufen selbstverständlich bis zur vollständigen Begleichung weiter – das können Sie offen, aber ohne Druck formulieren.
Fazit: Wer Fristen im Griff hat, kassiert schneller – und spart
Verzugszinsen & Fristen sind keine Theorie, sondern Ihr ganz praktischer Sparhebel: Frist setzen, Verzug auslösen, tagesgenau rechnen – fertig. 2025 gilt: Basiszinssatz 1,27 % ab 1. Juli (zuvor 2,27 %), daraus folgen 6,27 % bzw. 10,27 % Verzugszinsen je nach Konstellation. Wer Periodenwechsel beachtet, sauber dokumentiert und professionell kommuniziert, erhält sein Geld früher – und vermeidet Eskalationen, die Zeit und Nerven kosten.
Nutzen Sie die Checkliste, übernehmen Sie die Musterformulierung in Ihre Mails, und rechnen Sie Zinsen kurz vor – so bleiben Sie souverän und sparen im Ergebnis bares Geld.